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Xuanrong Lynn Ye – Reflexionen über das Repertoire

Die Bühne der International Telekom Beethoven Competition Bonn erstrahlt im Jahr 2023 erneut im musikalischen Glanz, und mittendrin befindet sich Xuanrong Lynn Ye, eine talentierte Pianistin aus Ningbo, China. Sie nahm bereits an zahlreichen Wettbewerben teil und entschied viele davon für sich. Unmittelbar nach ihrem Auftritt in der zweiten Runde traf ich Lynn in ihrem Übungsraum, wo sie mir einen Einblick in die Ausarbeitung und Zusammenstellung ihres Repertoires gewährte.

Eine Frau mit langen schwarzen Haaren spielt schnell am Flügel, dass ihre Hände durch die Bewegung nur verwischt zu sehen sind.

Bemerkenswert ist, dass sie sämtliche Kompositionen speziell für diesen Wettbewerb erlernt hat. Obwohl ihr einige wenige Titel bereits im Verlauf ihrer Karriere als Pianistin begegnet waren, darunter Robert Schumanns Sinfonische Etüden op. 13. Ein Stück, das sie erstmals von ihrem Lehrer hörte und unbedingt in diesem Wettbewerb präsentieren wollte. Es sei eine Komposition, die sie emotional zutiefst bewegte, jedoch aufgrund ihrer Länge und Komplexität auch eine bedeutende Herausforderung darstellte. Im Allgemeinen gestaltete sich die Vorbereitung auf diesen Wettbewerb äußerst intensiv.

Auf die Frage, wie sie die Auswahl der Stücke getroffen habe, berichtete Lynn, dass es ihr wichtig war, das Publikum mit einem breiten Spektrum an unterschiedlichen Emotionen, Techniken und Kompositionen zu überzeugen. Und dies ist gar nicht so einfach, denn die Interpretation dieser bekannten Werke erweist sich als anspruchsvoll, da ein schmaler Grat zwischen der klaren Herausstellung des eigenen Charakters und der Wahrung der Intention des Komponisten zu bewältigen ist. Lynn betonte, dass Musikschaffende ihrem Gefühl folgen sollten. Ihr Weg besteht darin, ihr Herz in die Musik zu legen und so das Publikum zu fesseln. Gleichzeitig achtet sie jedoch darauf, den Kontext innerhalb einer Komposition sowie das Gesamtbild nicht zu vernachlässigen und lässt dies in ihr Spiel einfließen.

Xuanrong Lynn Ye 2

Weiterhin beschrieb Lynn das Niveau des Wettbewerbs als äußerst anspruchsvoll. Trotz ihrer umfangreichen Erfahrung in Wettbewerben verspürte sie deutliche Nervosität, als sie den Übungsraum betrat und die beeindruckenden Darbietungen der anderen Teilnehmerinnen und
Teilnehmer sah. Dennoch betrachtet Lynn diesen Wettbewerb als optimale Gelegenheit, sich als Pianistin weiterzuentwickeln. Sie gab an, seit langem nicht mehr so intensiv geprobt zu haben, wie für diesen Wettbewerb und betonte, dass, selbst wenn sie keinen Preis gewinnen sollte, die gewonnene Übung und Erfahrung von unschätzbarem Wert sind.


Text: Ben Weber